Gottesdienst am Ostersonntag - 9. April 2023 - Predigt: Lektor Roland Dier

Gnade sei mit euch und der Friede von dem der da war und der das ist und der da sein wird.

Lasst uns in der Stille um den Segen des Wortes beten.

Herr segne du unsere reden und hören.

Amen

Aus dem Brief des Paulus an die Korinther:

Ich erinnere euch aber, Brüder und Schwestern, an das Evangelium, das ich euch verkündigt habe, das ihr auch angenommen habt, in dem ihr auch fest steht, durch das ihr auch selig werdet, wenn ihr's so festhaltet, wie ich es euch verkündigt habe; es sei denn, dass ihr's umsonst geglaubt hättet. Denn als Erstes habe ich euch weitergegeben, was ich auch empfangen habe: Dass Christus gestorben ist für unsre Sünden nach der Schrift; und dass er begraben worden ist; und dass er auferweckt worden ist am dritten Tage nach der Schrift; und dass er gesehen worden ist von Kephas, danach von den Zwölfen. Danach ist er gesehen worden von mehr als fünfhundert Brüdern auf einmal, von denen die meisten noch heute leben, einige aber sind entschlafen. Danach ist er gesehen worden von Jakobus, danach von allen Aposteln. Zuletzt von allen ist er auch von mir als einer unzeitigen Geburt gesehen worden. Denn ich bin der geringste unter den Aposteln, der ich nicht wert bin, dass ich ein Apostel heiße, weil ich die Gemeinde Gottes verfolgt habe.  Aber durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin. Und seine Gnade an mir ist nicht vergeblich gewesen, sondern ich habe viel mehr gearbeitet als sie alle; nicht aber ich, sondern Gottes Gnade, die mit mir ist. Ob nun ich oder jene: So predigen wir, und so habt ihr geglaubt.

Amen.

Der Herr ist auferstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden!

Diese Botschaft, liebe Gemeinde, erklingt an diesem Morgen und wird hinausgetragen in die Welt. Wir feiern an Ostern die Auferstehung Jesu Christi. Wir feiern, dass der lebt, der der hingerichtet wurde.

Um einzustimmen in den Jubel über die Auferstehung, schauen wir auch zurück:

Jesus war am Kreuz gestorben. Er hatte sein Leben gegeben – für seine Botschaft, für die Menschen damals, für uns heute. In seiner Liebe zu uns hat er selbst den Tod auf sich genommen. Er hat sich dem Spott und der Gewalt der Menschen ausgesetzt.

Für drei Tage sah es so aus, als wäre die Sache Jesu gescheitert. Die Jünger liefen davon und versteckten sich. Sie waren enttäuscht und hatten Angst. So viel hatten sie von Jesus erwartet, ihr ganzes Leben hatten sie auf ihn eingestellt. Am Schluss blieb nicht mehr viel übrig – eine grausame Hinrichtung, ein Grab, das eigene Versagen und die Flucht.

Alles aus?

Nein! Schon wenige Tage später geht eine Botschaft durch das Land: Der Herr ist auferstanden.

Die Frauen hören es vom Engel, als sie ans Grab gehen: Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist nicht hier, er ist auferstanden.

Maria wird von Jesus selbst mit Namen angesprochen, und sie erkennt ihn und erzählt den Jüngern: Ich habe den Herrn gesehen. Den traurigen Jüngern begegnet Jesu auf dem Weg nach Emmaus, er kehrt bei ihnen ein und sie erkennen ihn am Brotbrechen: Er ist wahrhaftig auferstanden.

Thomas braucht schon einen etwas deutlicheren Beweis. Er darf die Wundmale berühren und bekennt:

Mein Herr und mein Gott.

Und Paulus schreibt den Korinthern in unserem Predigtwort: Jesus wurde lebendig gesehen - nicht nur von Petrus und den Zwölf Jüngern. Er ist auch Jakobus, allen Aposteln und weiteren 500 Zeugen erschienen.

„Ihr könnt sie selbst fragen,“ sagt Paulus den Korinthern. Die meisten Zeugen leben noch.

Wie ein Lauffeuer geht die Botschaft um die damals bekannte Welt und begeistert Menschen. Viele lassen sich taufen. Es bilden sich Gemeinden. Binnen weniger Jahre hat sich diese unglaubliche Botschaft im ganzen römischen Reich ausgebreitet: Jesus von Nazareth, der gekreuzigt wurde und gestorben ist, der ist auferstanden. Und er lebt.

Man kann sich das heute gar nicht mehr so recht vorstellen. Im Jahre 33 wurde Jesus gekreuzigt. Im Jahre 36 – also gerade mal drei Jahre später – wurde Paulus vor Damaskus bekehrt. – Da war er schon in ganz Kleinasien als Christenverfolger bekannt und berüchtigt.

Und nur etwa 15 Jahre später gründet dieser Paulus Gemeinden und schreibt Briefe an die Christen in der heutigen Türkei, in Griechenland und nach Rom. Diese Briefe geben uns heute noch Zeugnis vom Glauben aber auch von den Zweifeln der ersten Christen an den Gekreuzigten und Auferstandenen.

In jeder Hinsicht ist das eine un-glaubliche Geschichte:

– Ein Gekreuzigter soll der Gottessohn sein.

– Einer, der schon begraben war, soll auferstanden sein.

– Dieser Gekreuzigte und Auferstandene wird von vielen gesehen und als Jesus Christus erkannt.

– Viele Menschen vertrauen auf Jesus und kommen zu einem neuen Leben.

Seit 2000 Jahren haben sich Menschen von dieser unglaublichen Geschichte bewegen lassen. Noch heute lassen sich Menschen von Jesus Christus anstecken und begeistern.

Halt Stopp, stimmt das eigentlich? Haben ich da nicht erst was andres gelesen:

Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern hat 2022 einen Negativrekord aufgestellt: 48.542 Menschen kehrten ihr den Rücken - so viele wie noch nie zuvor in einem Jahr. Bundesweit haben im Jahr 2022 rund 380.000 Protestanten ihre Kirche verlassen.

Und ich frage mich, auch heute am Ostermorgen 2023: Warum ist das so, warum hat die Botschaft des Ostersonntages immer weniger Menschen etwas zu sagen?

Manche vermuten da einen Zusammenhang zwischen den Skandalen in der katholische Kirche  und den hohen Austrittszahlen auf evangelischer Seite. "Da wird die evangelische Kirche in Mithaftung genommen", hatte Mitte Dezember der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Thorsten Latzel gesagt.

Auch der Württemberger Bischof Ernst-Wilhelm Gohl hatte Ende Dezember von "Mithaftung" gesprochen und gesagt: "Das hat eindeutig mit den Zuständen im Erzbistum Köln zu tun."

Die Soziologin Petra-Angela Ahrens vom Sozialwissenschaftlichen Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Hannover ist bei solchen Schlussfolgerungen vorsichtig. Sie sagt: "Fehlverhalten in der katholischen Kirche ist für Protestantinnen und Protestanten in aller Regel nicht der Grund, um auszutreten. Sondern nur der Anlass .... Viele haben sich schon seit längerem für einen Austritt entschieden. Sie warten im Prinzip nur noch auf eine passende Gelegenheit.

Die Entscheidung zum Austritt reife oft langsam heran, sie brauche Zeit. Skandale seien dann lediglich die Rechtfertigung für etwas, dessen Ursache ganz woanders liege."

Aber wo liegen die Gründe?

Ahrens sagt: Gleichgültigkeit gegenüber der Kirche oder das Gefühl, die Kirche sei irrelevant, habe nichts mehr zu sagen, seien die eigentlichen Gründe,  "Und das ist aus Sicht der Kirchen das Schlimmste überhaupt."

Selbst mit einem eingefleischten Atheisten hätte man wenigstens noch eine Diskussionsgrundlage. Aber nicht mit Menschen, denen die Kirche komplett egal sei.

Und die Austrittsbewegung könnte sich Ahrens zufolge noch beschleunigen. Das habe damit zu tun, dass die Mehrheit in Deutschland mittlerweile konfessionslos ist. Seit Frühjahr 2022 machen konfessionelle Christinnen und Christen nur noch weniger als 50 Prozent der deutschen Bevölkerung aus.

Minderheiten haben es in der Gesellschaft alleine deshalb schwerer, weil sie Minderheiten sind. Denn Menschen sind grundsätzlich lieber Teil einer Mehrheit.

"Mittlerweile muss man einen Austritt nicht mehr in seinem sozialen Umfeld begründen. Im Gegenteil, wenn man in der Kirche bleibt und das auch sagt, erntet man mitunter hochgezogene Augenbrauen."

Und diesen hochgezogenen Augenbrauen liebe Schwestern und Brüder müssen wir uns stellen. Wie soll das gehen?

Immer wenn in Gesprächen, ob auf Geburtstagen oder am Stammtisch, bei privaten Feiern oder in der Öffentlichkeit lautstark verkündet wird: Ja ich bin aus der Kirche ausgetreten, gibt es nur eine Antwort:

Und ich bin noch drin. Ich bin noch drin, weil wir eine Botschaft haben und diese Botschaft lautet: Liebet euren Nächten, denn was ihr dem geringsten unter euch getan habt habt ihr mir getan. Einsetzen für die Benachteiligten, die Hungernden, die Flüchtenden ist die Antwort.

Und die Botschaft lautet: Liebe eure Feinde. Nicht über die Frage diskutieren, wann ist ein Krieg gerecht und damit Waffenlieferungen gerechtfertigt. Sondern  fangt an Schwerte zu Pflugscharen umzuschmieden.

Und die Botschaft lautet: Lasset die Kinder zu mir kommen. Nicht um sie mit Laserpistolen aufeinander schießen zu lassen. Sondern um ihnen Raum zu geben zum spielen, zum singen und um Geschichten zu hören. Geschichten zu hören von dem dessen Auferstehung wir heute feiern.

Und die Botschaft lautet: Schöpfung bewahren. Nicht darüber diskutieren mit welchem Treibstoff unsere Auto in Zukunft fahren. Sondern wie müssen wir unser Leben ändern, damit alles was auf dieser Erde lebt auch weiter eine Zukunft haben wird.

Ich weiß, dass sind keine einfachen Botschaften. Und manchmal habe ich den Eindruck wir haben Angst davor sie laut zu sagen. Weil wir denken, uns laufen dann noch mehr Menschen davon.

Ihr Lieben, wir wissen doch alle, ein Problem wird nicht gelöst wenn wir es verdrängen. Nein, sich einem Problem stellen ist der Anfang des Weges hin zu einer Lösung.

Heute ist Ostermorgen. Der Morgen, der vor über zweitausend Jahren alles geändert hat. Mit dem an der Seite der den Tod überwunden hat können wir zuversichtlich in die Zukunft schauen. Für mich jedenfalls sind Menschen die zuversichtlich in die Zukunft schauen auch Menschen die mir Hoffnung gebe. Eine Hoffnung die wir an diesem Morgen in die Welt tragen.

Denn Ihr Lieben: Der Herr ist auferstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden. Amen.

 

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus.

 

Amen